01.02.2009 - 03.05.2009
Ich will jetzt zurück, ich will nach Europa, ich will fort, ich bin ein Europäer, ich bin ein Bürger von Europa, und dieses mexikanische Feuerwerk darf mich nicht ersticken.
Max Dauthendey: „Raubmenschen“, 1911
Die nationale Identität abgelegt, das Fremde verflucht und Europa zum Hilfsanker erkoren – wird dem vom Heimweh Geplagten seine Zugehörigkeit zu den Europäern erst in der Not fern der Heimat bewusst? Was heißt es aber, „Bürger von Europa“ – Europäer – zu sein?
Die Frage, wer zu den Europäern zählt und wer nicht, war und ist weder selbstverständlich noch trivial. Dauernd ist von „dem Europäer“, „der Europäerin“ oder „den Europäern“ die Rede – so, als hätten diese unverkennbare Eigenschaften.
Dennoch sprechen wir, ohne groß darüber nachzudenken, von den Europäern. Und nicht nur das: Europäische Normen bestimmen unseren Alltag. Ihnen liegt die unhinterfragte Vorstellung eines einheitlichen Europäers zugrunde. Aber auf welchen Daten beruhen beispielsweise die europäischen Konfektionsgrößen? Wer diente bei ihrer Ermittlung als Maßstab?
Es gilt als selbstverständlich, dass es Europäer gibt und sie durch gewisse Gemeinsamkeiten als solche ausgewiesen sind. Ähnlich wie früher die Nationalstereotype bleiben solche Vorstellungen meist unhinterfragt. Ob sich „europäische Zugehörigkeit“ geografisch oder politisch, durch eine gemeinsame Kultur oder über gemeinsame Werte bestimmen lässt, ist aber höchst strittig.
Die Ausstellung will hierfür sensibilisieren und insbesondere aufzeigen, welchen Anteil die Wissenschaften an der Konstruktion des Europäers haben, wie diese ihrerseits kulturell fundiert ist und wie sich diese Konstruktionen auf den europäischen Menschen auswirken. Sowohl Gegenstände aus dem Alltag, wie Lebensmittel, Kleidung oder Autositze als auch Lehrbücher und Medizin veranschaulichen die Normung eines „Einheitseuropäers“.
Die Ausstellung ist eingebetet in das Verbundprojekt „Imagined Europeans. Die wissenschaftliche Konstruktion des HOMO EUROPAEUS“ und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.